Menü
1. Mannschaft
Sonntag, 26.10.2025 14:49 Uhr | neunzehn54-Redaktion

„Die Jungs haben das Herz und den Willen, aber sie...

Seit letztem Sommer läuft Adli Lachheb beim WSV als Co-Trainer im Training voran. Wir haben uns mit dem ehemaligen Zweitligaprofi über seine Karriere, die ersten Schritte als Trainer und die Entwicklung beim WSV unterhalten.

Hallo Adli, du bist 2007 mit 19 Jahren nach Deutschland gekommen und hast nur drei Jahre später dein Debüt in der zweiten Liga gefeiert. Wie ist es dazu gekommen?

Ich bin in Tunesien geboren, habe in der U-Nationalmannschaft gespielt und bei den Profis mittrainiert, bin jedoch nicht zum Einsatz gekommen. In Deutschland habe ich dann zunächst ein Jahr bei Kickers Offenbach in der zweiten Mannschaft gespielt, bevor ich zum Halleschen FC in die Regionalliga Nordost gewechselt bin. 2010 habe ich einen Vertrag beim FC Erzgebirge Aue unterschrieben und ein paar Wochen später mein erstes Zweitligaspiel gemacht.

Du hast in drei Jahren über 70 Zweitligaspiele bestritten. Wieso ist es dabei geblieben?

Ich bin damals nach zwei Jahren in Aue zum MSV Duisburg gewechselt. Nach der ersten Saison musste der MSV leider zwangsabsteigen, und ich musste den Verein verlassen. Danach war ich leider über zwei Jahre hinweg viel verletzt und habe in der dritten Liga bei Halle und Regensburg kaum gespielt. Ich war raus, mein Körper hat gestreikt. Es wäre schwer geworden, wieder in die zweite Liga reinzukommen. In der dritten Liga ist der Aufwand groß, der Verdienst aber gering. Mit 27 Jahren war es mir wichtiger, ein Zuhause zu finden, als möglichst hoch zu spielen. Da ich mich in NRW immer am wohlsten gefühlt habe, bin ich zum SV Straelen gewechselt, habe dort meine Karriere beendet und meine Trainerlizenz gemacht, um nach dem Fußball als Trainer arbeiten zu können.

Welche Trainerlizenz hast du und welche Ziele möchtest du als Trainer erreichen?

Ich habe die B-Lizenz und arbeite nach zwei Jahren als Co-Trainer in Straelen jetzt im vierten Jahr als Trainer. Ich möchte in den nächsten zehn Jahren als Co-Trainer arbeiten und Erfahrung sammeln. Die Perspektive auf das Spiel ist als Trainer eine ganz andere.

Inzwischen sind elf Spiele absolviert. Wie beurteilst du den Saisonstart?

Wir liegen absolut im Soll! Unser Ziel ist der Klassenerhalt. Anders als früher ist das große Geld in Wuppertal nicht mehr vorhanden und wir müssen mit geringeren finanziellen Mitteln in der Liga mitmischen. Große Namen gibt es bei uns nicht mehr - dafür eine junge, hungrige Mannschaft mit Entwicklungspotenzial. Diese Spieler haben in Dortmund, Lotte, Velbert, Bocholt oder gegen Wiedenbrück und Siegen bewiesen, dass sie in der Liga mithalten können. Die Spieler fighten und rufen das ab, was wir verlangen. Eine so junge Mannschaft macht Fehler und wenn alles gegen dich läuft, bekommst du mal sechs Gegentore in Paderborn. Stand jetzt sind wir guter Dinge, unsere Ziele zu erreichen. Die Saison ist lang, wir müssen noch viele Spiele gewinnen und weiter hart arbeiten.

Woran arbeitet ihr im Moment im Training?

Wir haben keine fertigen Spieler, sondern müssen mit unseren jungen Spielern, die teilweise aus der Oberliga zu uns gekommen sind, in jedem Bereich arbeiten. Diese Spieler haben eine Entwicklung vor sich und müssen körperlich, taktisch und technisch zulegen. Die Spieler bringen außerdem unterschiedliche Qualitäten mit: Celal Aydogan, der bereits ungemein laufstark ist, versuchen wir technisch und taktisch zu verbessern. Andere sind eher spielerisch mit dem Ball gut, müssen aber im Stellungsspiel dazulernen. Wir arbeiten fast täglich mit jedem Spieler, analysieren viel und versuchen Verbesserungspotenziale aufzuzeigen. Das ist ein Prozess, den wir nur Schritt für Schritt gehen können. Ich bin mir sicher, dass sich diese Mannschaft entwickeln und man das im nächsten Frühjahr deutlich sehen wird.

„Das ist ein Prozess, den wir nur Schritt für Schritt gehen können“

Bei Levin Müller und Kilian Bielitza, die bereits im letzten Sommer dazugekommen sind, kann man diese Weiterentwicklung inzwischen gut sehen ...

Genau, aber das hat ein Jahr gedauert. Levin musste in den ersten zehn Spielen jeweils nach 70 Minuten ausgewechselt werden, weil er Krämpfe oder muskuläre Probleme hatte. In der Oberliga wird meist nur zwei- bis dreimal pro Woche trainiert. Wenn die Spieler dann mit 20 Jahren in die Regionalliga kommen und plötzlich jeden Tag, teils sogar zweimal täglich trainieren, ist das eine völlig andere Belastung für den Körper. Um sich daran zu gewöhnen, braucht der Körper mindestens sechs bis acht Monate. Das ist uns bei den beiden gelungen. Kilian konnte in der ersten Laufeinheit mit mir nach zwei Kilometern nicht mehr laufen - jetzt kann er sechs Kilometer in hoher Intensität mitgehen. Die Jungs haben das Herz und den Willen, aber sie brauchen Zeit.

Hatten die vielen Verletzungen damit zu tun, dass die Spieler nicht an die Intensität gewöhnt waren?

Das muss man differenziert sehen. Semir Saric, Alwin Weber und Muhammed Bejdic haben Knieprobleme bzw. den Kreuzbandriss aus der letzten Saison mitgebracht. Wenn etwas nicht vollständig ausgeheilt ist, hat das nichts mit der Trainingsintensität zu tun. Andere hatten einfach Pech: Subaru Nishimura hat sich im Training bei einem Zweikampf den Mittelfuß gebrochen, Kadi Atmaca hat sich im Spiel muskulär verletzt. Solche Dinge gehören zum Fußball dazu. Dazu kamen einige kleinere Blessuren. Es war unglücklich, dass das bei mehreren Spielern gleichzeitig passiert ist.

Habt ihr das Spielsystem seit Saisonbeginn verändert? Ihr scheint inzwischen weniger auf Ballbesitz und mehr auf Konterfußball zu setzen...

Jein, was du machen kannst und willst, hängt immer davon ab, was der Gegner zulässt. Bei unserer jungen, regionalligaunerfahrenen Mannschaft muss der Trainer abwägen, ob sie dem Spiel ihren Stempel aufdrücken kann. Wenn du viel Ballbesitz willst, musst du das Spiel dominieren - aber wenn du dabei zu viele Fehler machst, kann das schnell nach hinten losgehen. Dann ist es manchmal besser, dem Gegner mehr Spielanteile zu lassen und auf seine Fehler zu lauern. Am Ende geht es darum, erfolgreich Fußball zu spielen. Gegen Velbert, Wiedenbrück oder in Köln haben wir viel Ballbesitz gehabt und das Spiel mitbestimmt. Bocholt oder Dortmund waren qualitativ stärker - da muss der Trainer sich überlegen, wie er diese Mannschaften trotzdem schlagen kann und sein Konzept anpassen. Wir haben es geschafft, dort erfolgreich zu sein, weil wir bescheiden an die Spiele herangegangen sind, wenig Fehler gemacht und die Fehler des Gegners genutzt haben. Sebastian hat die Situation realistisch eingeschätzt. Er will dominanten Fußball spielen, aber er weiß, wann man den Fokus aufs Verteidigen legen muss. In Essen hat man ja gesehen, dass wir selbst mit zehn Mann das Spiel bestimmen konnten. Es geht immer darum, die Balance zu finden. Selbst wenn du eine spielstarke Mannschaft hast, wenn der Gegner Bayern München heißt, kannst du trotzdem nicht das Spiel dominieren, weil seine Qualität einfach höher ist. Gegen Teams wie Dortmund oder Fortuna Köln war es ähnlich: Die lassen dir kaum Raum, um selbst das Spiel zu machen. Ich bin aber überzeugt, dass unsere Jungs, wenn sie weiter wachsen und zusammenbleiben, in ein bis zwei Jahren so weit sind, dass sie in Wuppertal gegen jeden Gegner das Spiel bestimmen können.

Was machst du in deiner Freizeit?

Ich wohne seit einem Jahr in Wuppertal und bin hauptberuflich beim WSV. Auch neben dem Training habe ich viel zu tun - ich bin oft mit Gaetano unterwegs, um andere Spiele oder mögliche Neuzugänge zu beobachten. Wenn ich mal abschalte, bin ich mit meiner Partnerin oder Freunden unterwegs, gehe joggen oder ins Fitnessstudio, um fit zu bleiben. Große Hobbys - wie Skifahren oder Surfen - habe ich nicht.

Vielen Dank für das Gespräch, Adli!